Wärmepumpen

René Schürmann, Präsident GebäudeKlima Schweiz

08.03.2024
Interview: GebäudeKlima Schweiz / PW

2023 war ein verrücktes Jahr

Lange wuchs der Wärmepumpenabsatz im zweistelligen Bereich, im letzten Jahr gab es noch ein Plus von sieben Prozent. Im Interview ordnet René Schürmann, Präsident von GebäudeKlima Schweiz, die aktuellen Marktentwicklungen ein, wagt einen Ausblick auf das Jahr 2024 und zeigt auf, wie der Verband die Hersteller und Lieferanten der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik unterstützt.

René Schürmann, 2022 verzeichnete die Branche bei den Wärmepumpen ein Absatzwachstum von 23 Prozent, im letzten Jahr war es noch ein Plus von sieben Prozent. Wie fassen Sie das Jahr 2023 zusammen?

René Schürmann: 2023 war ein verrücktes Jahr für die Gebäudetechnik-Branche. Wir starteten noch mit Lieferschwierigkeiten und einer Verunsicherung betreffend der Gas-Verfügbarkeit. Das hat bei vielen den Entscheidungsprozess für eine Wärmepumpe beschleunigt, entsprechend gross war das Wachstum. Im Laufe des Jahres verlangsamte sich dieses dann und im vierten Quartal ging es sogar zurück.

 

Ist der Wärmepumpen-Boom bereits vorbei?

Der Markt hat sich vielmehr normalisiert und der Verkauf von Wärmepumpen hat sich auf hohem Niveau eingependelt. 2021 wie auch 2022 hatten wir hier ein enormes Absatzwachstum. Da spielten sicher der Ukraine-Krieg und die Corona-Krise mit hinein. Aber schlicht auch das angestrebte Umschwenken von fossilen zu erneuerbaren Wärmeerzeugern. Diese Verschiebung hat nun stattgefunden und viele, die einen Wechsel vorziehen wollten und konnten, haben dies getan. Jetzt läuft der Markt quasi weiter wie bis anhin, mit den Neubauten in gewohntem Umfang und den Anlagen, die an ihrem Lebensende ersetzt werden müssen. Nur, dass anstelle von fossilen Wärmeerzeugern neu erneuerbare installiert werden.

 

Wie beurteilen Sie den Wärmeerzeugermarkt allgemein?

Ich denke, dass sich dieser nun um einiges flacher weiterentwickeln wird. In erster Linie dürfte der Markt wieder primär getrieben werden von den Neubauten und Renovationen. Die Neubauten sind aktuell etwas unter Druck. Bleibt abzuwarten, wie sich die Renovationen entwickeln. Hier gibt es noch ein paar Unsicherheitsfaktoren. Zum Beispiel ist für uns der Einfluss der Fernwärme auf den Renovationsbereich schwierig abzuschätzen. Und dann bleibt die Frage der Finanzierung: Viele, die sich den Umstieg gut leisten konnten, haben dies bereits gemacht.

 

Wird der günstigere 1-zu-1-Ersatz von fossilen Systemen wieder zum Thema?

Das glaube ich weniger. In den meisten Kantonen wäre das mit den Musterlösungen der MuKEn bereits heute möglich. Eine Studie hat aber gezeigt, dass diese Musterlösungen praktisch nicht angewendet werden. Das ist auch unsere Beobachtung. Fossile Wärmesysteme werden fast nur noch dort verkauft, wo es keine guten Alternativen gibt.

 

Sind wir bei den Wärmeerzeugern also auf Kurs für das CO2-Netto-Null-Ziel bis 2050?

Grob gerechnet müssen dafür rund 50'000 Anlagen pro Jahr ausgewechselt werden, davon sind wir aktuell nicht weit weg. Auch unsere Branche hat sich angepasst: Lieferschwierigkeiten gibt es praktisch keine mehr und die Installation funktioniert ebenfalls, obwohl ein Systemwechsel viel mehr Zeit in Anspruch nimmt als ein 1-zu-1-Ersatz. Als nächste Herausforderung müssen wir den Service sicherstellen, und zwar sowohl für die vielen neuen Wärmepumpen, als auch für die weiterhin bestehenden fossilen Systeme. Da haben wir von GebäudeKlima Schweiz aber einiges unternommen, um unsere Mitglieder zu unterstützen.

 

Inwiefern?

Unser Lehrgang Fachfrau/Fachmann für Wärmesysteme war auch 2023 sehr gefragt. Daneben haben wir mit dem Quereinsteiger-Kurs aber auch ein einfacheres, schnelleres Umschulungsangebot ins Leben gerufen, das auf grossen Anklang stösst. Hier können sich Serviceleute zum Beispiel aus dem fossilen Bereich innerhalb von nur acht Kurstagen verteilt auf vier Wochen das nötige Know-how für einfache Servicearbeiten an Wärmepumpen aneignen.

 

Reichen dafür acht Tage?

Es gäbe immer mehr Wissen, das man vermitteln könnte. Die Unternehmen brauchen die Fachleute aber jetzt und nicht erst in einem Jahr. Zudem können sie bei den wenigen Fachleuten nicht noch die Vorhandenen in lange Weiterbildungen schicken. Trotzdem gilt es, den neuen Marktforderungen Rechnung zu tragen. Gesamthaft glauben wir, dass wir ein gutes Gleichgewicht gefunden haben, um die Grundlagen zu schaffen, auf denen sich in der Praxis aufbauen lässt. Gleichzeitig passen wir das Kursangebot laufend den Bedürfnissen unserer Mitglieder an.

 

In welchen Bereichen war GebäudeKlima Schweiz noch tätig im letzten Jahr?

Eine grosse Errungenschaft ist die Branchenlösung zur Entsorgung für Wärmepumpen, die wir im Juli zusammen mit SENS lanciert haben. Zudem konnten wir im Herbst wieder eine Durchführung des Lehrgangs Fachfrau/Fachmann Komfortlüftungen starten. Daneben wurde in den einzelnen Fachgruppen viel Detailarbeit geleistet, wir haben Themen evaluiert und Merkblätter erstellt. Leider keinen Erfolg hatten wir bei den Warmwasserbereitern mit mehr als 150 Liter Speichervolumen, bei denen die Schweiz trotz unserer Intervention mit schärferen Energieeffizienzvorschriften als die EU vorgeprescht ist. Das ist insofern ein massives Problem, weil alle Hersteller aus der EU kommen und deshalb isolierte Schweizer Vorschriften zu massiven Lieferschwierigkeiten führen werden. Da müssen wir nun schauen, was es für Lösungen gibt.

 

Welche Themen beschäftigen GebäudeKlima Schweiz ansonsten aktuell?

Die Umstellung auf natürliche, brennbare Kältemittel bei Wärmepumpen ist bei unseren Mitgliedern ein sehr grosses Thema. Denn brennbare Kältemittel erfordern je nachdem einen besonderen Transport, eine spezielle Lagerung und spezifische Ausbildung der Serviceleute. Hier versuchen wir, im engen Austausch mit Behörden aber auch Gebäudeversicherungen Klarheit für unsere Mitglieder zu schaffen. Daneben steht bei uns Ende Jahr der Wechsel des Geschäftsleiters und der Geschäftsstelle an: Konrad Imbach beziehungsweise die ki-management hat das Mandat nach über zehn Jahren auf Ende des Jahres gekündigt. Der Vorstand hat inzwischen bereits die Nachfolge gewählt. Per 1. Januar 2025 werden Marco von Wyl und sein Team von der AMKplus GmbH in Alpnach Geschäftsleitung und Geschäftsstelle übernehmen. Dank diesem frühzeitigen Entscheid bleibt genügend Zeit, um die Übergabe gut zu planen, damit alles reibungslos abläuft.

 


Marktzahlen GebäudeKlima Schweiz

Der Branchenverband GebäudeKlima Schweiz erfasst regelmässig Absatzzahlen und vergleicht die Entwicklungen. 2023 entwickelten sich die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr wie folgt:

Kessel Öl/Gas:                              - 43 %

Brenner:                                         - 16 %

Wärmepumpen:                           + 7 %

Holzheizungen                            - 24 %

Solar:                                               - 12 %

Wassererwärmer/Speicher:     - 2 %

 


GebäudeKlima Schweiz

ist ein wichtiger Schweizer Hersteller- und Lieferantenverband der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Die Mitglieder sind mehrheitlich Systemanbieter und unterhalten gesamtschweizerische Verkaufs- und Servicenetze. Als «Stimme der Gebäudetechnik-Industrie» bringt GebäudeKlima Schweiz die Meinung der Industrie zu aktuellen Themen in die politische Diskussion mit ein, verhandelt mit Behörden und Verbänden, engagiert sich für optimale Rahmenbedingungen für die Schweizer Gebäudetechnik-Industrie, übernimmt eine wichtige Rolle in der Aus- und Weiterbildung und wird durch den branchenu?bergreifenden Austausch unter den Mitgliedern zu einem wichtigen Innovations- und Kompetenzzentrum.


gebaeudeklima-schweiz.ch

 


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