Markt-News

30.01.2024
Rolf Leicher / PW

Smalltalk – Plauderei im Job

Die einen sagen, es geht um oberflächliches Geplauder, um nichtssagendes Geschwätz. Andere meinen, dass inoffizielle Konversation ein Bestandteil im Business ist und Beziehungen stärkt. Introvertierte Kunden oder Mitarbeiter finden den Talk anstrengend und gehen ihm gerne aus dem Weg.

Smalltalk senden und empfangen    
Trotz fehlendem Tiefgang hat die Plauderei durchaus Sinn. Zwischenmenschliche Kontakte sind das „soziale Schmiermittel“, ob mit Kollegen oder Kunden und sie sind für das Betriebsklima oder für kundenorientiertes Verhalten nützlich. Oft vertiefen sich soziale Beziehungen, man erlebt dabei sogar positive Effekte für das eigene Wohlbefinden. Die Unterhaltung muss entspannend sein, sie kann sich auf berufliche oder private Themen beziehen. Bei Zeitmangel kann man das Gespräch auch unterbrechen und später wieder darauf zurückkommen. Einer Studie des britischen Office of Communication zufolge führt die Generation der Digital Natives selten und ungern Small Talk. Die Generation Z bevorzugt Apps und vermeidet das gesprochene Wort, sogar im privaten Bereich.

 

Anlässe für Smalltalk
Der Lyriker Friedrich Georg Jünger meinte: „Sprich mit den Leuten über das, was sie interessiert: mit dem Jäger über die Jagd, mit dem Fischer über den Fischfang und dem Winzer über den Weinanbau. Das gibt immer ein gutes Gespräch“. Es gilt nur den ersten Schritt zu wagen, einen Kontakt mit dem richtigen Thema zu starten. Smalltalk muss nicht lange dauern, ist kein Storytelling. Es geht darum, in einem kurzen Gespräch eine aufgelockerte Atmosphäre zu erreichen, egal ob es Bad News oder Good News sind.
Die ständige Bereitschaft, für Soziale Netzwerke offen zu sein, verhindert den Smalltalk in der Arbeitspause. Facebook, X und Apps fordern Mitarbeiter permanent dazu auf, zu teilen, zu liken, zu kommentieren. Die Angst, etwas zu verpassen, nicht auf dem Laufenden zu sein, ist weit verbreitet. Wenn sich alles nur noch um die digitale Welt dreht, werden persönliche Gespräche mit Kollegen immer weniger stattfinden, Beziehungen leiden darunter. Miteinander arbeiten heisst, miteinander reden, durch den Smalltalk entsteht der Zusammenhalt im Team, das Wir-Gefühl.
Fängt ein Kollege (oder Kunde) ein Thema an, denkt man gleich, was man selbst dazu sagen kann. Besser wäre es, die Mitteilung des Redners zu kommentieren, positiv zu bewerten, Details zu hinterfragen. Es ist nicht leicht, an das Thema einer anderen Person „anzudocken“, ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Mitreden heisst nicht, gleich von sich zu berichten, sondern Inhalte des Senders durch aktives Zuhören aufzunehmen.

Keine Lust auf Smalltalk?
Wenn jemand Superkleber zwischen den Zähnen hat, hat der beste Talker keine Chance. Nach dem ersten Anlauf im eigenen Talk erkennt man schnell, ob der andere mitmachen will.
Mit den netten Arbeitskollegen (oder Kunden) geht alles einfacher, man kennt sich, eine gute Startposition für ein Gespräch. Wenn es einen Anlass gibt, ist auch mit Neukunden Smalltalk möglich: Rückkehr aus dem Urlaub, die letzte Fachmesse, der Geschäftsverlauf, die Situation auf dem Personalmarkt, aktuelle Lieferprobleme. Das Bedürfnis nach ein paar Worten muss von innen heraus kommen, alles andere wirkt verkrampft. Es gibt auch Tabuthemen, z.B. Politik, Religion oder ganz Privates. Da kann man schnell ins Fettnäpfchen treten. Zu den Standartthemen mit Kollegen zählt Sport, Reisen, Verkehr, vielleicht auch die Familie und natürlich das Wetter. Man darf durchaus Mut zur Wissenslücke haben, wenn man mit dem Thema, das der andere beginnt, nicht so vertraut ist. Manchmal ist der Beginn des Themas mit einem Kaltstart zu vergleichen. Das „Warming up“ kommt, wenn man eine Frage zum Thema stellt. 
Meist denkt man an eigene Erlebnisse, man vergleicht eine andere Situation mit der eigenen. Dann ergreift man das Wort und berichtet ausführlich, dass man genau dasselbe (oder noch viel schlimmer) durchgemacht hat. Empathisches Reagieren heisst, dass man sich zunächst voll zurücknimmt und versucht sich in die Lage des Redners zu versetzen.
Misslungener Smalltalk sind gute Ratschläge: „Da hättest Du anders reagieren sollen…“, „Das darfst Du Dir nicht gefallen lassen…“.  

 

Der unschöne Fall
Eine Mitarbeiterin erzählt in der Kaffeepause, dass ihr Ehemann sich trennen will, weil er eine Andere kennengelernt hat. Die Kollegin erwidert: „Das kann mir nicht passieren, ich bin Single“. Keine Spur von Small Talk. Einfühlungsvermögen mit Anteilnahme hört sich anders an, auch wenn man selbst ledig ist.

 

Auf Appelle verzichten
Appelle sind wirkungslos, auch wenn sie von der Sache her stimmen. Appelle wirken schulmeisterhaft, so gelingt der Smalltalk nicht. Nicht gefragte Ratschläge sind sogar kontraproduktiv, sie zeigen, was jemand hätte anders tun sollen, was er falsch gemacht hat. Bei sensiblen Personen kommt Enttäuschung auf, sie verschliessen sich sogar. Erst wenn guter Rat ausdrücklich gefragt wird, ist er hilfreich. Gefühlsstarke Personen können sich schneller und intensiver in die emotionale Situation eines anderen versetzen.  
Wer redet, will seine Sichtweise und daraus resultierenden Gefühle respektiert sehen. Wer sich offenbart und seine Gefühle transparent macht, zeigt Vertrauen zum Zuhörer, ein eindeutig positives Signal. Dabei muss man beim Talk nicht immer der gleichen Meinung sein, nicht zu allem O.K. sagen.

 

 
Buchtipp: Cornelia Topf, „Small Talk“. Haufe Verlag, Freiburg


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