Interview mit Designerin Patricia Urquiola

Patricia Urquiola: «Viel mehr als die perfekte Linie bin ich mit mir selbst im Reinen, wenn ich Design als einen Zyklus betrachte.» (Bilder: Duravit)

11.09.2025
Duravit/FL

«Ich überdenke Materialien ständig neu»

Die weltweit renommierte Designerin Patricia Urquiola gestaltete erstmals eine Badserie für Duravit: Architektonische Formen und klare Linien schaffen eine einzigartige Ästhetik mit hohem Wiedererkennungswert, die gleichzeitig Wärme und Zugänglichkeit ausstrahlt. Die Balcoon Keramik, Badmöbel, Badewannen und Armaturen schaffen eine faszinierende Verbindung von Modernität und zeitloser Eleganz.

Patricia Urquiola, wie ist die Serie Balcoon entstanden?

Die Badserie Balcoon ist kein High-End-Projekt, sondern das Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit einem Produkt im mittleren Preissegment. Duravit hatte in diesem Bereich eine Lücke im Portfolio und bat mich um ein Design, das sich aus der Masse abhebt. Gefragt war ein einfaches, schnelles Projekt mit einer klaren, unmittelbaren Designsprache – gleichzeitig sollte es dem mittleren Segment eine gewisse Würde und Wiedererkennbarkeit verleihen.

 

Wie war Ihre Herangehensweise?

Ich habe mit zwei wesentlichen Formen begonnen: einer kubischen Basis und einem zylindrischen Becken. Diese beiden sehr reinen Geometrien bilden die Grundlage des Projekts. Danach haben wir einige Versätze gemacht, die Form verlängert und mit Perspektiven gespielt, um eine Architektur zu schaffen, die noch in eine erschwingliche Preisklasse passt. Alle Elemente beruhen auf dieser doppelten Geometrie. Es handelt sich um sehr kontrollierte Objekte in Bezug auf das Volumen, aber mit einem Spiel mit den Proportionen.

 

Sie bringen auch Farbe ins Bad …?

Ja, die minimalistische Ästhetik von reinem Weiss oder Schwarz wollten wir bewusst hinter uns lassen. Unser Ziel war es, das Material Ton als eine Art Leinwand zu nutzen, um den Sanitärobjekten mehr Tiefe zu verleihen. Die neue Keramikfarbe Clay Terra Matt ist eine echte Innovation innerhalb der Serie – ihr handwerklich anmutender Charakter spielt eine Schlüsselrolle in der Gesamtgestaltung. Der erdige Terrakotta-Ton und das von der Natur inspirierte Farbschema der Badmöbel mit Abstufungen zwischen Weiss, erdigen Brauntönen und Anthrazit schaffen eine neue Offenheit für Farbe im Bad.

Patricia Urquiola hat für die Balcoon Möbelelemente eine modulare Struktur gewählt, die sich für unterschiedliche Raumkonzepte eignet.

Patricia Urquiola hat für die Balcoon Möbelelemente eine modulare Struktur gewählt, die sich für unterschiedliche Raumkonzepte eignet.

Skulpturale Blickpunkte: Indem sie runde und ovale Becken auf einem quadratischen Sockel platzierte, verlieh Patricia Urquiola den Aufsatzbecken eine beeindruckende architektonische Präsenz.

Skulpturale Blickpunkte: Indem sie runde und ovale Becken auf einem quadratischen Sockel platzierte, verlieh Patricia Urquiola den Aufsatzbecken eine beeindruckende architektonische Präsenz.

Die Serie ist ein sehr architektonisches Projekt – das Möbel scheint bereit, mit anderen Einrichtungselementen zu interagieren …?

Die Möbelelemente verfügen über eine modulare Struktur. Das Konzept umfasst sowohl offene als auch geschlossene Elemente – ein vielseitiger Entwurf, der sich an unterschiedliche Raumkonzepte und gestalterische Ansätze anpassen lässt. Üblicherweise sind Waschtischunterschränke im mittleren Preissegment simple Quader – Balcoon bricht mit diesem Bild. Die Formensprache und die harmonischen Farben würden auch hervorragend in andere Wohnbereiche passen.

 

Was lieben Sie an ihrer Arbeit am meisten?

Wenn ich an einem neuen Projekt arbeite, tauche ich ein in die Gewohnheiten und das Leben der Menschen, darum geht es beim Design, und das mag ich an meinem Job. Ich bin ein grosser Anhänger der Hybridisierung, der Umwandlung und Verbesserung von etwas bereits Vorhandenem. Es erfordert ein bisschen Mut, Dinge neu zu gestalten und anders zu denken. Ich liebe Materialien und überdenke sie ständig neu. Wenn wir heute mit 3D-Druck arbeiten, optimieren wir die Materialverschwendung, aber ich liebe die Keramik und ihre uralte Seite ebenso sehr... Viel mehr als die perfekte Linie bin ich mit mir selbst im Reinen, wenn ich Design als einen Zyklus betrachte. Die Zeit arbeitet am Material, an mir... und ich arbeite mit der Zeit.

 


Zur Person

Die spanische Architektin und Designerin Patricia Urquiola, 1961 in Oviedo geboren, studierte an der Polytechnischen Universität in Mailand und an der Technischen Universität in Madrid und machte 1989 ihren Abschluss. Von 1990 bis 1992 war sie in Mailand und Paris als Dozentin für Achille Castiglioni und Eugenio Bettinelli tätig. Von 1990 bis 1996 war sie für das Produktentwicklungsbüro von De Padova verantwortlich und arbeitete mit Vico Magistretti zusammen. 1996 wurde sie Leiterin der Designgruppe von Lissoni Associati. 2001 eröffnete sie in Mailand ihr eigenes Atelier für Produktdesign, Architektur, Art Direction und Installationen.

Seit 2015 ist Urquiola Kreativdirektorin bei Cassina und arbeitet mit einigen der weltweit führenden Marken zusammen, darunter Haworth, Louis Vuitton, B&B Italia, Moroso, Flos, Kvadrat, BMW, Starbucks und Ferrari. Ihre Arbeiten sind in renommierten Kunst- und Designmuseen auf der ganzen Welt zu sehen.


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